Treffen der GEKE Süd­ost­eu­ro­pa-Gruppe in Breslau

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Martin Obermeir-Siegrist

Pastor, Kinder- und Jugendwerk


Vertreter*innen evangelischer Kirchen arbeiten in Polen am Thema „Kirche und Demokratie“ 
Mitglieder der GEKE Südosteuropa-Gruppe vor der Hofkirche in Breslau

Die Freude war groß, als wir – die Delegierten verschiedener Mitgliedskirchen der GEKE (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa) –  uns am 9. Mai endlich wieder an einem gemeinsamen Ort versammeln konnten. Schon 2019 hatte die Evangelisch-lutherische Kirche in Polen die Regionalgruppe eingeladen, im folgenden Jahr in Wrocław/Breslau zu tagen. Bedingt durch die Corona-Pandemie konnten wir der Einladung erst verspätet folgen.

Polen war aus mehreren Gründen ein hervorragender Tagungsort: Erstens war die Gastfreundschaft großartig. Zweitens gaben uns Bischof Jerzy Samiec und andere nicht nur einen guten Einblick in ihre Kirche, sondern auch in gesellschaftliche und politische Veränderungen in Polen. Eine besondere Freude: Vergangenen Samstag wurden zum ersten Mal neun Frauen zu Pfarrerinnen ordiniert – bisher stand Frauen nur das Amt der Diakonin offen. Im Herbst 2021 entschied die Synode mit großer Mehrheit für die völlige Gleichstellung von Frau und Mann im ordinierten Dienst.

Weiters war in Polen der Krieg in der Ukraine als etwas sehr Nahes erlebbar. Den Schrecken des Kriegs in Reichweite wahrzunehmen, war für unser Arbeiten hilfreich. Die Regionalgruppe arbeitet ja derzeit am Thema „Kirche und Demokratie“ – die Situation der Ukraine macht uns schmerzlich bewusst, dass demokratische Systeme durch äußere Einflüsse schwer beschädigt werden können. Bischof Pavlo Shvarts von der DELKU (Deutsche Evangelisch-lutherische Kirche in der Ukraine) und zwei junge Frauen gaben uns berührende Einblicke in die momentane Situation in ihrer Heimatstadt Харків/Charkiw und darüber hinaus. Im okkupierten Donbas sind evangelische Gottesdienste seit 2014 verboten. Überall, wo es aber möglich ist, versuchen die Kirchen das Gemeindeleben aufrecht zu erhalten.

Ein Ausflug nach Krzyżowa/Kreisau bot uns die Möglichkeit etwas über den Kreisauer Kreis zu lernen. Die dezidiert pro-europäische Widerstandsgruppe gegen die nationalsozialistische Diktatur bestand aus Mitgliedern sehr unterschiedlicher Herkunft und Milieus. In ihrer Vision hätte der totalitären Diktatur ein Neuaufbau der Gesellschaft „von unten“ folgen sollen. Die Arbeit des Kreises wurde aber von den Nazis zunichte gemacht und mehrere Mitglieder bezahlten ihr Engagement für ein freies und friedliches Europa mit dem Leben. Nach der Wende wurde Kreisau ein wichtiges Zentrum zur Förderung der Beziehungen zwischen Polen und Deutschland. Bis heute kommen jährlich hunderte Jugendliche an diesen Ort und erleben hier prägende Begegnungen.

Ein Abendmahlsgottesdienst in der Friedenskirche in Świdnica/Schweidnitz und der anschließende Empfang bescherten uns einen wunderschönen Abend mit polnischem Essen, polnischer Musik und viel Gelegenheit zum Gespräch. Auch der römisch-katholische Bischof und die Oberbürgermeisterin verbrachten diesen Abend mit uns und machten so die guten Beziehungen zwischen den Kirchen und mit der Stadt deutlich.

Zum ersten Mal nahmen am Treffen der Regionalgruppe zwei junge Frauen aus dem GEKE Netzwerk Young Theologians in Communion teil. Sie bereicherten die Tagung einerseits schlicht durch ihre Anwesenheit und Mitarbeit, schenkten uns am letzten Tag aber auch noch ihren „Blick von außen“. Ihre Beobachtungen decken sich auch mit meiner Wahrnehmung: Die Delegierten gehen besonders herzlich, offen, vertrauensvoll und rücksichtsvoll miteinander um. Kritisch merkten die jungen Theologinnen – eine Studentin und eine angehende Vikarin – an, dass die Arbeit der Gruppe merklich von den Mitgliedern mit deutscher Muttersprache dominiert wird. Dieser Tatsache versuchten wir schon während der Tagung etwas entgegenzuwirken: In einer Arbeitsphase wurden Themen in Sprachgruppen besprochen. So konnte sich die Mehrheit der Delegierten in einer Muttersprache einbringen.

Die nächste Tagung soll von 8. bis 11. Mai 2023 stattfinden. Der Ort hängt noch davon ab, welche Kirche eine Einladung ausspricht. Bis dahin arbeitet die Gruppe auch in Kleingruppen weiter. Als Arbeitshilfe hatten wir schon in Breslau ein Papier vorliegen, das Impulse zum Erfahrungsaustausch gab und das wir weiter nutzen können. Wir wollen uns Erfahrungen rund um Kirche und Demokratie erzählen. Wie die Erfahrungsberichte so dokumentiert und aufbereitet werden können, dass möglichst viele Menschen davon profitieren, wird eine der Kleingruppen als Schwerpunkt überlegen.

Pastor Novica Brankov (EmK in Serbien) konnte diesmal Aufgrund einer Terminüberschneidung nicht teilnehmen: Seine Anwesenheit war bei der Jährlichen Konferenz in Albanien erforderlich.

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