Handle danach und du wirst leben

Glaubensimpuls

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Esther Handschin

Pastorin, Erwachsenenbildung


Predigt zu Lukas 10,25-37 in den Ökumenischen Gottesdienst zur Woche der Einheit 2024 in Stammersdorf und Strebersdorf
von links nach rechts: Diakon Paul Hösch (Cyrill&Method), Pfarrer Bernhard Petri-Hasenöhrl (Weisselgasse), davor: Seelsorgerin Regina Nonnis, Pfarrer Joseph Bolin (Cyrill&Method), Pastorin Esther Handschin (Bahnsteggasse), Christoph Steiner (altkath.), Diakonin Eva Repits (altkath.), Majorin Rita Leber (Heilsarmee), Jutta Embacher (Weisselgasse)

Gebetstexte aus Burkina Faso

Die Gedanken und Gebetstexte zu diesem heutigen ökumenischen Gottesdienst haben uns Christinnen und Christen aus Burkina Faso geschenkt. In diesem Land im Herzen Westafrikas sind etwa 25% der Bevölkerung christlich. Sie lebten bis vor einigen Jahren friedlich mit Muslim*innen und Anhänger*innen afrikanischer Religionen zusammen.

Im Jahr 2016 kam es zu einem dschihadistischen Anschlag, der viel Unruhe ins Land gebracht hat. Seither sind 3.000 Menschen getötet und rund 2 Millionen innerhalb des Landes vertrieben worden. Es gibt nach wie vor eine massive Zunahme von Anschlägen, Gesetzlosigkeit, Zerstörung der Infrastruktur wie Schulen und Gesundheitseinrichtungen sowie vermehrten Menschenhandel. Das bis dahin gute Einvernehmen zwischen den Religionen wurde massiv gestört. Darum hat die Regierung hat zu Friedensgebeten aufgerufen, um den sozialen Zusammenhalt, den Frieden und die nationale Einheit zu stärken.

 

Was ist wichtig zu sagen?

In diese Situation hinein kam die Anfrage vom Weltkirchenrat, ob  die Christinnen und Christen aus Burkina Faso bereit sind, einen Gottesdienstvorschlag für die Gebetswoche der Einheit 2024 auszuarbeiten. So haben sich die Verantwortlichen gefragt: Was ist in einer solchen Situation wichtig zu sagen, wo die Gräben zwischen den Bevölkerungsgruppen aufgerissen werden? Und womit sollen Menschen in der ganzen Welt ermutigt werden uns im Gebet zu unterstützen?

Die Vorbereitungsgruppe aus Burkina Faso hat gemerkt, eine wichtige Grundlage für das Zusammenleben — gerade wenn es Spannungen gibt und sich neue Gräben auftun — das ist das Doppelgebot der Liebe: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Lukas 10,27)

 

Nächstenliebe: ein zentrales Anliegen des Christentums

Es ist uns mehrfach in der Bibel überliefert. Als Gebote im Alten Testament im Buch Leviticus und Deuteronomium. Als Lehre Jesu im Matthäusevangelium auf die Frage, was das höchste Gebot sei. Oder wie wir es heute gehört haben im Lukasevangelium, verbunden mit der Beispielgeschichte vom Barmherzigen Samariter.

Das Doppelgebot der Liebe ist eine der zentralen Aussagen des Christentums. Selbst Menschen, die wenig mit Kirche am Hut haben, sehen in der Nächstenliebe einen wesentlichen Punkt der christlichen Botschaft. Und sie messen das Verhalten der Christinnen und Christen daran. Die Organisationen von Caritas und Diakonie sind gut bekannt. In meiner früheren Gemeinde wussten die geflüchteten Menschen, dass sie dort tatkräftige Hilfe erhalten.

 

Handle danach und du wirst leben

Die Anweisung Jesu an den Schriftgelehrten ist einfach: „Handle danach, und du wirst leben.“ Das ist der Weg wie er das ewige Leben erlangen kann. Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, so einfach geht das.

Und die Geschichte, die Jesus erzählt, gibt uns eine Anleitung, wie das konkret geschehen kann. Entscheidend ist dabei die Frage, die Jesus am Schluss stellt: Wer von den dreien, die von Jerusalem nach Jericho unterwegs waren, ist dem zum Nächsten geworden, der unter die Räuber gefallen ist?

 

Wem bist du der oder die Nächste?

Jesus fragt nicht danach, wie hoch das Spendenaufkommen war. Er will nicht wissen, wer wie viele Hilfsorganisationen unterstützt hat. Jesus interessiert sich nicht dafür, welche Reichweite die getätigte Hilfe erreicht hat. Was Jesus wissen will, ist nicht bis wie weit die Hilfe gehen soll, sondern wo sie anfängt: bei dem, der mir durch seine Not zum Nächsten wird.

So bin ich gefordert mich umzuschauen: Wer ist mein Nächster? Mein Nächster, das ist der, der mich braucht. Meine Nächste, das ist die, die sich nicht selbst helfen kann. Die Nähe ist ein ganz anderes Maß als das, das wir es üblicherweise gewohnt sind. Wir achten auf die gleiche Nation, die gleiche Sprache, die gleiche Religion. Wir meinen, dass all dies Nähe schaffe und dass vor allem die Menschen es wert seien zu unterstützen, die uns gleich sind. Doch das ist nicht das, wonach Jesus fragt. Er fragt nach der Bedürftigkeit. Wer braucht mich. Das ist alles.

Wer mein Nächster, meine Nächste ist, diese Frage stellt sich gleich, ob wir nun in Burkina Faso leben oder in Österreich. Die Möglichkeiten zu helfen, mögen verschieden sein. Aber Hilfe kann nur ankommen, wenn jemand da ist, der die Not sieht und bereit ist zu handeln. Es wäre schade, wenn uns diese Art von Herzensbildung verloren ginge.

 

Und wie kann ich Gott lieben?

Nun hat sie viel von der Nächstenliebe gesprochen, aber was ist mit der Liebe zu Gott? Die gibt es auch noch und sie kommt als erstes, wenn man die Reihenfolge ernst nimmt. Ist die Gottesliebe nicht auch von Bedeutung?

Sie ist von Bedeutung, aber sie ist manchen Menschen schwerer zugänglich. Wie soll ich Gott lieben, wenn ich ihn nicht sehen kann? Wie soll ich einen Gott lieben, den ich nichts fragen kann? Wie soll ich einen Gott lieben, der mir in manchem so unbegreiflich ist? Ein weiser Mann hat einmal gesagt: Wenn du Gott nicht lieben kannst, da fange beim Nächsten an. Er wird dir den Weg zu Gott weisen. Denn im Gesicht jedes Nächsten kannst du Christus erkennen. Amen.

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