Liebe & Toleranz

Glaubensimpuls


Die Predigt zu Markus 12, 28-34 aus dem Online-Gottesdienst

Im Gespräch mit anderen bekommt man manchmal zu hören: "Der Glaube an Gott macht Menschen intolerant."
Und wir müssen zugeben: Der Vorwurf ist nicht unbegründet. Dafür gibt es durchaus Argumente. Zumindest wenn man oberflächlich draufschaut.

Ein Beispiel wären die Kreuzzüge der Christlichen Kirche. Oder der 30 Jährige Krieg. Die Kämpfe in Belfast zwischen Katholiken und Evangelischen... Auch im Islam, im Judentum und bei Palästinensern, bei Hindus und Buddhisten können wir Gewaltexzesse sehen im Namen der Religion.

Liegt also im Glauben an Gott die Gefahr der Intoleranz ?? 

Ja, Menschen missbrauchen die eigene Religion, um Gewalt zu legitimieren.
Ja, Menschen benutzen die eigenen Glaubensüberzeugungen dazu, um Andere zu verteufeln.
Das gab es und das gibt es – leider Gottes – in allen Religionen.

Ein solches Verhalten aber hat nichts mit der Liebe Gottes zu seinen Menschen zu tun.
Und ein solches Verhalten widerspricht dem Gottesglauben, zu dem Jesus Christus uns Menschen einlädt.

Biblische Werte:

Jesus Christus hat uns ein anderes Verhalten vorgelebt, gelehrt und gepredigt.
Das zeigt vor allem der Predigttext aus Markus 12. „Welches ist das höchste Gebot von allen?“, wird Jesus  von einem Schriftgelehrten gefragt.
Jesus fügt in seiner Antwort zwei Gebote des jüdischen Glaubens zum „Doppelgebot der Liebe“ zusammen. Er sagt:

„Das höchste Gebot ist das: ‚Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften.‘
Und das andere ist dem gleich: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘

Auch im Alten Testament können wir die Wichtigkeit der Liebe zu Gott lesen. 5. Mose 6, ab Vers 5: "Darum sollst du den HERRN, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. 6 Und diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. 7 Du sollst sie deinen Kindern wiederholen. Du sollst sie sprechen, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. 8 Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden. Sie sollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden."

Jesus macht mit seiner Antwort unmissverständlich klar:
Der liebende Gott gibt uns Menschen Gebote und Weisungen,
die durch die Liebe von Menschen ihre Erfüllung finden –
und nicht im Recht-Haben-, Recht-Behalten- und Recht-Durchsetzen.
Unsere Liebe zu Gott und unsere Liebe zu den Mitmenschen 
sollen alle anderen göttlichen Gebote und Weisungen gleichsam umfassen, binden und durchdringen.

Wenn das geschieht,
dann macht der Glaube an Gott uns Menschen nicht intolerant,
sondern ruft und befähigt uns zur Liebe, die zur Toleranz hinführt!

Das  Schreckliche passiert vor allem dann, wenn Menschen Gott oder Jesus vor den Karren der eigenen Wünsche oder Ziele spannen und andere damit manipulieren.

Zur Liebe:

Die Liebe, von der Jesus uns mit seinem Leben, Sterben und Auferstehen vorgelebt hat, gibt es in  drei Bewegungsrichtungen:

Die erste Bewegung ist die vom Himmel zur Erde.
Das ist die Liebe Gottes zu uns Menschen.
Diese Liebe ist die Grundlage von allem.
Sie wird uns von Gott geschenkt. Völlig unverdient.
Sie öffnet den Himmel zur Erde. Sie legt den Grund dafür,
dass wir Menschen Gott mit unserem Glauben und Lieben antworten können..

Die zweite Bewegung ist die Bewegung der Liebe von der Erde zum Himmel.
Das ist die Liebe von uns Menschen zu Gott.
Diese Liebe festigt in uns die Gewissheit, gehalten zu sein..

Warum ist diese Liebe zu Gott so ungemein wichtig?
Ist das wirklich das wichtigste Gebot. Warum genau  dieses?
Jesus sagt : „Höre Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein – diesen Gott sollst du lieben.“
Für den jüdischen Schriftgelehrten ist diese Frage eindeutig. Was Jesus hier zitiert nennt sich „Schema Israel“ („Höre Israel“) und ist quasi das Zentrum jüdischen Glaubens. Täglich werden diese Verse gebetet. Diesen Gott, den Israel in seiner Geschichte kennen gelernt hat, soll es lieben. Nicht irgendeinen Gott, sondern den Gott, der Israel befreit hat aus der Sklaverei in Ägypten.. Für Israel ist dieses „Schema Israel“ Ausdruck der Liebe zu, aber auch von ihrem Gott, von dem Gott, der als Vater von Jesus Christus auch unser Gott wurde.

Aber, was heißt das denn für uns „Gott lieben“? Wie können wir unserer Liebe Ausdruck verleihen?. Denn Liebe nimmt zuallererst den anderen ernst, stellt auch mal Erwartungen an den anderen.

Das gilt für unsere Beziehung zu Gott, das gilt aber auch für uns inmitten unserer Verantwortung auf der Erde. Gott will, dass wir auch unsere Mitmenschen ernst nehmen, sie nicht aus dem Blick verlieren. „Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst“, so lautet der zweite Teil der Antwort Jesu. –
Ich möchte Heute aber über die Liebe zu Gott sprechen. Also noch einmal, warum ist dieses das wichtigste Gebot?? 

Es ist einmal der Schlüssel zu allen anderen Geboten. Sozusagen der Grundstock. Ohne diese Liebe zu Gott sind alle anderen Gebote ohne Inhalt. Schauen wir uns einmal die Liebe zwischen  2 Menschen,  z.B. Mann und Frau, an. Was passiert da. Da geht man achtsam miteinander um. Geht auf die Wünsche des anderen ein. Ist bereit auch Schweres auf sich zu nehmen. Gute Beispiele sind hier die Liebe zu Partner*in und die Liebe zu den eigenen Kindern. Und diese Liebe macht alles,  freiwillig und ohne Bedingung. Ohne Zwang.  Und wenn es jetzt um die Liebe zu Gott geht dann wird man sich auch dafür interessieren warum dieser Gott meine Liebe will. Dann wird man sich auch Zeit nehmen für diesen Gott.  Und dann kommt die Erkenntnis:

Die Liebe zu Gott ist die Grundlage der Liebe zum Menschen,
Der Liebe zur Umwelt,
Der Liebe zu den Tieren,
Soziales Verhalten.

Gott ist unser Schöpfer und daher weiß er am besten was für uns gut ist. Er will dass es uns gut geht. Niemand weiß so gut über uns Bescheid wie er. Und wie gefährlich es ist wenn wir uns zu anderen "Göttern" hinwenden.

Die dritte Bewegung der Liebe ist die Liebe auf der Erde.
Das ist die Liebe von Mensch zu Mitmensch.
Sie lässt uns in jedem anderen Menschen, unabhängig von  Nationalität und  Weltanschauung, Gottes geliebtes Geschöpf erkennen - unseren Bruder und unsere Schwester.
Diese Liebe motiviert und befähigt uns zu einer respektvollen Toleranz auch gegenüber dem uns Fremden – gerade weil sie in der Gottesliebe gegründet ist.

Aber diese Liebe zeigt uns auch die Grenzen der Toleranz auf, wenn wir sehen, wie andere Menschen verunglimpft und angegriffen, verletzt und ermordet werden.

Liebe ist Nächstenliebe

Nächstenliebe befähigt zum Mitfühlen und Mitleiden mit nahen und fernen Nächsten und bewegt zum Tun des Gerechten - im persönlichen Umfeld wie auch in der großen Politik.
Denn wenn wir unsere Nächsten lieben „wie uns selbst“, dann erschöpft sich dieses Lieben nicht in tätiger Nothilfe.
Dann fragen und suchen wir um der Liebe willen auch nach Strukturen von Frieden und Gerechtigkeit.
Und dann suchen wir nach Wegen, Gottes Schöpfung für unsere Nachkommen zu bewahren.

Alle drei Bewegungen der Liebe gehören in unserem christlichen Glauben untrennbar zusammen. Und eben dieser Zusammenhang und Zusammenklang verhindern, dass der Glaube an Gott Menschen intolerant macht. Sie befähigen zu einer Liebe, die zur Toleranz führt.

Liebe führt zu Toleranz

Ein praktisches Beispiel für diese Toleranz  war der Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Dietrich Bonhoeffer hat es keine Ruhe gelassen, dass auch in seiner evangelischen Kirche Jüdinnen und Juden verunglimpft, verraten und ausgegrenzt wurden.
Er hat sein Gewissen und das seiner Mitmenschen immer wieder wach gerüttelt, indem er forderte: „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen." 

Dieser Satz Bonhoeffers schreibt uns auch heute in unsere Herzen:
Wer an dem Leiden seiner Mitmenschen vorbeisieht und vorbeigeht,
der missachtet die Liebe Gottes zu seinen Menschen.
Wer seine Nächsten nicht liebt, der macht seine Gottesliebe zur Lüge!  

Das biblische Doppelgebot der Liebe setzt uns in Bewegung.
Wer liebt, der kann nicht nur bei sich und mit sich allein bleiben.
Die Liebe setzt uns in Bewegung zu guter Nachbarschaft gerade auch mit denen, die uns fremd sind und andere Überzeugungen haben.
Die Liebe lässt uns mit unseren Worten und Taten dem Verdacht widersprechen, dass der Glaube an den einen und einzigen Gott Menschen intolerant mache. 

Eins ist noch wichtig. Warum sagt Jesus zu dem Schriftgelehrten, Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Der Schriftgelehrte hat es verstanden. Glaube kommt aus Erfahrung. Aber das Reich Gottes ist nicht nur Wissen sondern ganz besonders auch Handeln.

Mögen wir – durch Gottes Liebe zu Werkzeugen seines Friedens werden und Liebe üben, auch und gerade in lieblosen Zeiten und an lieblosen Orten.

Dazu leite und begleite uns Gottes Geist.
Amen.

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