Testpredigt 1
Frieden braucht Kirche
Nachdem die vergangenen drei Tage in Rust am Neusiedler See eine Tagung der drei evangelischen Kirchen in Österreich war, werde ich das Thema einmal auf diese evangelischen Kirchen beschränken.
Denn dann kann ich etwas vom Verlauf der Gespräche und der Vorträge wiedergeben.
Jedenfalls hoffe ich, dass ich mit dieser Predigt oder diesen Gedanken zum Thema zum Nachdenken anregen kann. Über vielleicht schon lange gehegte oder verschiedentlich schon ausgesprochene oder noch offene, unbeantwortete Fragen.
Problematik von einzelnen Bibelzitaten
Im Laufe dieser Predigt zum Thema werde ich einige einzelne Bibelstellen zitieren.
Normalerweise dürfte jede und jeder sofort „Kontext, Kontext, Kontext“ schreien.
Es ist nicht unproblematisch, Bibelstellen als einzelne Stellen und nicht in ihrem Zusammenhang – ihrem Kontext – zu verwenden.
Was ich aber mit dieser Vorgangsweise stärken möchte, das ist die Verwurzelung der Fragestellung im biblischen Wort.
Was sagt die Bibel zum Thema Frieden und - darauf komme ich auch noch - was sagt die Bibel zum Thema Gerechtigkeit und Freiheit?
Wenn ich das Thema Frieden hier in der Predigt behandle, dann frage ich ja nach einem Verhalten von einem jeden Christen und einer jeden Christin.
WWJD – What would Jesus do?
So schwierig es auch sein wird, darauf eine gute Antwort zu geben – ich denke, das ist für mich wichtig: Was würde Jesus tun?
Was würde er sagen und raten?
Oder ist Jesus mit einem so klar umrissenen Auftrag und einer ganz bestimmten Vorgangsweise (Stichwort Leidensweg) hier auf der Erde gewesen, dass er zum Krieg in der Ukraine rein gar nichts sagen könnte?
Oder würde er ähnlich wie der Römerbrief (Römer 12,19) argumentieren:
„Das Unrecht zu rächen ist meine Sache, sagt der Herr, ich werde Vergeltung üben?“
Definition von Frieden
Fakt ist, dass der biblische Friede immer viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg. Ich denke, das merken wir daran, wie Jesus das Wort Friede verwendet, wenn er es an seine Jünger adressiert. Besonders nach seiner Auferstehung.
„Friede sei mit euch“ (Johannes 20,19), so werden die Jüngerinnen und Jünger angesprochen.
Oder denken wir an die Verheißung im Johannesevangelium:
„Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann.“ (Johannes 14,27)
Jesus sagt das im Zusammenhang mit der Sendung oder der Gabe des Heiligen Geistes.
Und zum Thema Friede in der Bibel möchte ich hier noch Paulus zu Wort kommen lassen:
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!“
Auch das deutet an, dass biblischer Friede viel mehr ist als das Schweigen der Waffen.
Praktische Umsetzung
Dennoch – und hier wird es jetzt ganz konkret und ganz praktisch:
Was antworte ich als Christ auf die Frage: Waffenlieferung, ja oder nein?
Soll der Westen jetzt weiter Waffen liefern und die Ukraine in ihrem militärischen Kampf gegen Russland unterstützen?
Oder sollen diese Waffenlieferungen eingestellt werden, damit nicht jeden Tag Menschen sterben?
Hat nicht die Ukraine, als von Russland überfallenes Volk, ein Recht darauf sich zu verteidigen und ihre Gebiete zurückerobern zu wollen?
Oder wird damit ausschließlich eine Waffenlobby unterstützt, die jetzt fette Gewinne macht und die Friedensverhandlungen nur verzögert?
Erweiterung der Diskussion
An dieser Stelle wird man die Diskussion wohl um die Begriffe Gerechtigkeit und Freiheit erweitern müssen.
Wie schaut ein gerechter Friede aus?
Kann man den Ukrainerinnen und Ukrainern einen Frieden zumuten, der ihre Freiheit beschneidet oder gefährdet?
Kann man Russland überhaupt noch vertrauen?
Inhaltlicher Input von der Pfarrer*innentagung
An dieser Stelle möchte ich eine Referentin der Pfarrer*innentagung zu Wort kommen lassen.
Frau Professorin Angelika Dörfler-Dierken hat in ihrem Vortrag auf die Krisen in Europa seit 1990 im Kontext mit Russland hingewiesen.
Vor allem hat sie auf das Budapester Memorandum 1994 hingewiesen, bei dem die Ukraine die Atomwaffen an Russland zurückgegeben hat. Russland hat im Gegenzug der Ukraine dafür die volle staatliche Souveränität garantiert. 1997 wurde in Kiew der russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Mit der Besetzung der Krim 2014 wurde dieser von der Ukraine nach 2019 nicht verlängert. Im Februar 2022 erfolgte der Einmarsch russischer Truppen und der Beginn des Angriffskrieges. Russland hat also alle völkerrechtlichen Abkommen und Verträge mit der Ukraine gebrochen.
Konsequenzen aus der Geschichte
Kann man so einem Land also noch vertrauen?
Wie soll dann ein verlässlicher, gerechter Friede ausschauen?
Welche Bedingungen braucht es dafür?
Ist die Rückgabe oder die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete dafür die Bedingung?
Ist eine solche Forderung realistisch?
Wie sehen das eigentlich die unmittelbar Betroffenen, sprich die Ukrainerinnen und Ukrainer?
Und welche Auswirkungen hat das für Europa?
Insbesondere für die an Russland angrenzenden Länder wie Estland, Lettland oder Finnland?
Zwischenfazit
Unabhängig davon, dass ich alle diese Fragen nicht beantworten kann, war ich hier versucht, die Waffenlieferungen gut zu heißen.
Also um der Freiheit und um der Gerechtigkeit willen, Waffenlieferung ja.
Und natürlich ist mir Bonhoeffer eingefallen.
Dietrich Bonhoeffer war ein evangelischer Pfarrer im Zweiten Weltkrieg, der sich an einem Attentat an Hitler beteiligt hat und dafür von den Nationalsozialisten kurz vor Ende des Krieges hingerichtet wurde.
Testpredigt 3
Friede braucht Kirche
„Friede braucht Kirche“, das könnte man beim ersten Hören einmal grundsätzlich in Frage stellen. Braucht der Friede die Kirche?
Ist nicht Religion hauptverantwortlich für so viele Konflikte, wenn wir in den Sudan, nach Syrien, Jemen, Israel oder sonstwo in der Welt schauen?
Oder wenn wir auf den aktuellen und in den Medien präsentesten Krieg in der Ukraine schauen: „Friede braucht Kirche“: welche Kirche?
Die russisch-orthodoxe Kirche etwa?
Von welcher Kirche reden wir denn?
Hintergrund
Nachdem die vergangenen drei Tage in Rust am Neusiedler See eine Tagung der drei evangelischen Kirchen in Österreich war, werde ich das Thema einmal auf diese evangelischen Kirchen beschränken. Denn dann kann ich etwas vom Verlauf der Gespräche und der Vorträge wiedergeben.
Jedenfalls hoffe ich, dass ich mit dieser Predigt oder diesen Gedanken zum Thema zum Nachdenken anregen kann. Über vielleicht schon lange gehegte oder verschiedentlich schon ausgesprochene oder noch offene, unbeantwortete Fragen.
Problematik von einzelnen Bibelzitaten
Im Laufe dieser Predigt zum Thema werde ich einige einzelne Bibelstellen zitieren.
Normalerweise dürfte jede und jeder sofort „Kontext, Kontext, Kontext“ schreien.
Es ist nicht unproblematisch, Bibelstellen als einzelne Stellen und nicht in ihrem Zusammenhang – ihrem Kontext – zu verwenden.
Was ich aber mit dieser Vorgangsweise stärken möchte, das ist die Verwurzelung der Fragestellung im biblischen Wort.
Was sagt die Bibel zum Thema Frieden und - darauf komme ich auch noch - was sagt die Bibel zum Thema Gerechtigkeit und Freiheit?
Wenn ich das Thema Frieden hier in der Predigt behandle, dann frage ich ja nach einem Verhalten von einem jeden Christen und einer jeden Christin.
WWJD – What would Jesus do?
So schwierig es auch sein wird, darauf eine gute Antwort zu geben – ich denke, das ist für mich wichtig: Was würde Jesus tun?
Was würde er sagen und raten?
Oder ist Jesus mit einem so klar umrissenen Auftrag und einer ganz bestimmten Vorgangsweise (Stichwort Leidensweg) hier auf der Erde gewesen, dass er zum Krieg in der Ukraine rein gar nichts sagen könnte?
Oder würde er ähnlich wie der Römerbrief (Römer 12,19) argumentieren:
„Das Unrecht zu rächen ist meine Sache, sagt der Herr, ich werde Vergeltung üben?“
Definition von Frieden
Fakt ist, dass der biblische Friede immer viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg. Ich denke, das merken wir daran, wie Jesus das Wort Friede verwendet, wenn er es an seine Jünger adressiert. Besonders nach seiner Auferstehung.
„Friede sei mit euch“ (Johannes 20,19), so werden die Jüngerinnen und Jünger angesprochen.
Oder denken wir an die Verheißung im Johannesevangelium:
„Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann.“ (Johannes 14,27)
Jesus sagt das im Zusammenhang mit der Sendung oder der Gabe des Heiligen Geistes.
Und zum Thema Friede in der Bibel möchte ich hier noch Paulus zu Wort kommen lassen:
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!“
Auch das deutet an, dass biblischer Friede viel mehr ist als das Schweigen der Waffen.
Praktische Umsetzung
Dennoch – und hier wird es jetzt ganz konkret und ganz praktisch:
Was antworte ich als Christ auf die Frage: Waffenlieferung, ja oder nein?
Soll der Westen jetzt weiter Waffen liefern und die Ukraine in ihrem militärischen Kampf gegen Russland unterstützen?
Oder sollen diese Waffenlieferungen eingestellt werden, damit nicht jeden Tag Menschen sterben?
Hat nicht die Ukraine, als von Russland überfallenes Volk, ein Recht darauf sich zu verteidigen und ihre Gebiete zurückerobern zu wollen?
Oder wird damit ausschließlich eine Waffenlobby unterstützt, die jetzt fette Gewinne macht und die Friedensverhandlungen nur verzögert?
Erweiterung der Diskussion
An dieser Stelle wird man die Diskussion wohl um die Begriffe Gerechtigkeit und Freiheit erweitern müssen.
Wie schaut ein gerechter Friede aus?
Kann man den Ukrainerinnen und Ukrainern einen Frieden zumuten, der ihre Freiheit beschneidet oder gefährdet?
Kann man Russland überhaupt noch vertrauen?
Inhaltlicher Input von der Pfarrer*innentagung
An dieser Stelle möchte ich eine Referentin der Pfarrer*innentagung zu Wort kommen lassen.
Frau Professorin Angelika Dörfler-Dierken hat in ihrem Vortrag auf die Krisen in Europa seit 1990 im Kontext mit Russland hingewiesen.
Vor allem hat sie auf das Budapester Memorandum 1994 hingewiesen, bei dem die Ukraine die Atomwaffen an Russland zurückgegeben hat. Russland hat im Gegenzug der Ukraine dafür die volle staatliche Souveränität garantiert. 1997 wurde in Kiew der russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Mit der Besetzung der Krim 2014 wurde dieser von der Ukraine nach 2019 nicht verlängert. Im Februar 2022 erfolgte der Einmarsch russischer Truppen und der Beginn des Angriffskrieges. Russland hat also alle völkerrechtlichen Abkommen und Verträge mit der Ukraine gebrochen.
Konsequenzen aus der Geschichte
Kann man so einem Land also noch vertrauen?
Wie soll dann ein verlässlicher, gerechter Friede ausschauen?
Welche Bedingungen braucht es dafür?
Ist die Rückgabe oder die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete dafür die Bedingung?
Ist eine solche Forderung realistisch?
Wie sehen das eigentlich die unmittelbar Betroffenen, sprich die Ukrainerinnen und Ukrainer?
Und welche Auswirkungen hat das für Europa?
Insbesondere für die an Russland angrenzenden Länder wie Estland, Lettland oder Finnland?
Zwischenfazit
Unabhängig davon, dass ich alle diese Fragen nicht beantworten kann, war ich hier versucht, die Waffenlieferungen gut zu heißen.
Also um der Freiheit und um der Gerechtigkeit willen, Waffenlieferung ja.
Und natürlich ist mir Bonhoeffer eingefallen.
Dietrich Bonhoeffer war ein evangelischer Pfarrer im Zweiten Weltkrieg, der sich an einem Attentat an Hitler beteiligt hat und dafür von den Nationalsozialisten kurz vor Ende des Krieges hingerichtet wurde.