Die Gewalt beenden

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 Kirch­liche Stellung­nahmen zum An­griff der Hamas auf Israel

Nach den Angriffen der Terrormiliz Hamas auf Israel haben verschiedene Kirchen und Kirchenbünde in Stellungnahmen zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. Auch methodistische Kirchen fordern eine friedliche Lösung des Konflikts.

Die palästinensische Terrororganisation Hamas begann am 7. Oktober einen Angriff auf Israel. Aus dem Gazastreifen wurden Städte und Dörfer in Israel mit Raketen beschossen. Bewaffnete Mitglieder der Hamas drangen auf israelisches Staatsgebiet vor. Sie entführten und ermordeten dabei gezielt Hunderte von Zivilist*innen. Die israelische Armee reagiert mit massiven Angriffen auf die palästinensischen Gebiete und hat den Gaza-Streifen inzwischen völlig abgeriegelt.

Die Gewalt sofort beenden

Auf die schockierende Gewalt der Hamas und die nachfolgenden israelischen Militäraktionen reagieren Kirchen und Kirchebünde mit Stellungnahmen. »Der Ökumenische Rat der Kirchen fordert dringend eine sofortige Beendigung dieser tödlichen Gewalt, die Einstellung der Angriffe durch die Hamas und bittet beide Parteien um eine Deeskalation der Situation«, sagt etwa ÖRK-Generalsekretär Jerry Pillay auf der Website des ÖRK.

Gewalt gegen Zivilist:innen verurteilt

Die Oberhäupter der christlichen Religionsgemeinschaften in Jerusalem verurteilen in einer gemeinsamen Erklärung vom 7. Oktober »unmissverständlich alle Handlungen, die sich gegen Zivilist*innen richten, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrem Glauben«. Die aktuelle Welle von Gewalt und Leid sei »auf den anhaltenden politischen Konflikt und das beklagenswerte Fehlen von Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte zurückzuführen«.

Die Kirchenoberhäupter fordern in ihrem Schreiben »die Beendigung aller gewalttätigen und militärischen Aktivitäten (…), die sowohl palästinensischen als auch israelischen Zivilist*innen Schaden zufügen« und fordern die internationale Gemeinschaft zu einem Eingreifen auf.

Eine dauerhafte Lösung suchen

Das »Lateinische Patriarchat in Jerusalem«, das Teil der römisch-katholischen Kirche ist, veröffentlichte zudem noch eine eigene Erklärung. »Die vom Gazastreifen ausgehende Operation und die Reaktion der israelischen Armee versetzen uns in die schlimmsten Zeiten unserer jüngsten Geschichte zurück«, heißt es in dem Schreiben.

Die internationale Gemeinschaft und religiöse Führungspersonen sollten sich dafür einsetzen »zur Deeskalation der Situation beizutragen, die Ruhe wiederherzustellen und die Grundrechte der Menschen in der Region zu gewährleisten.« Es müsse »eine dauerhafte und umfassende Lösung für den palästinensisch-israelischen Konflikt« gefunden werden.

Rechte des palästinensischen Volks fördern

»Schockiert und erschüttert über die eskalierende Gewalt« zeigt sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land in ihrer Erklärung. Die Eskalation müsse freilich als Teil eines langanhaltenden Konflikts gesehen werden. »Als Kirche setzen wir uns weiterhin für Gewaltlosigkeit ein; wir glauben aber auch, dass es entscheidend ist, die Umstände zu verstehen, aus denen Gewalt entsteht«, heißt es in der Erklärung.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche werde sich an »gemeinsamen Bemühungen beteiligen, die Rechte des palästinensischen Volkes zu fördern und den von diesem Krieg Betroffenen wichtige und rechtzeitige Hilfe zukommen zu lassen.«

Für Frieden beten

Auch der Weltrat Methodistischer Kirchen, die Methodistenkirche in Großbritannien sowie der General Board of Global Ministries, das Hilfswerk der United Methodist Church, haben eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie aufrufen »weiterhin für Frieden und ein Ende der Gewalt zu beten.«

Weiter heißt es in dem kurzen Text: »Die Situation ist komplex, und wir anerkennen die Angst und das Gefühl der Ungerechtigkeit, die empfunden werden«. Beide Seiten werden aufgerufen, sich auf Verhandlungen für eine friedliche Lösung einzulassen. 

Kommentar: eine schwammige Position des Weltrats?

Eine klare Verurteilung der »Eskalation der Gewalt in der Region« erfolgt im Text, an dem auch die United Methodist Church (UMC) beteiligt war, nicht. In einer früheren Stellungnahme aus dem Jahr 2016 zum israelisch-palästinensischen Konflikt war die Generalkonferenz der UMC demgegenüber etwas klarer.

Die Stellungnahme sprach »sich gegen die fortgesetzte militärische Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ostjerusalems (…), den fortgesetzten Bau illegaler jüdischer Siedlungen« aus. Zugleich bekräftigt der Beschluss »die Verpflichtung der Kirche zu gewaltfreien Antworten auf den israelisch-palästinensischen Konflikt«.

Die »Palästinensische Autonomiebehörde und alle palästinensischen Religionsführer« wurden in der Stellungnahme von 2016 aufgefordert »Gewalt gegen israelische Zivilist*innen (…) öffentlich zu verurteilen und gewaltlosen Widerstand zu leisten«.

Indem eine solche Verurteilung in der Stellungnahme zu den aktuellen Ereignissen fehlt, scheitert die UMC selber an den Anforderungen, die sie an andere stellt.

Andere methodistische Stimmen haben sich inzwischen teilweise klarer positioniert. Differenziert und zugleich unzweideutig ist vor allem das unten angeführte Schreiben von Bischof David Alan Bard.

Irischer Friedensprozess als Modell

Klarere Worte findet hingegen David Turtle, Präsident der Methodistenkirche in Irland. »Wir alle sind schockiert und entsetzt über die vielen Toten und Verletzten und den Terror, der in den letzten Tagen in Israel-Palästina stattgefunden hat«, schreibt er in seiner Stellungnahme und seinem Aufruf zum Gebet.

Turtle erinnert an die Erfahrungen im eigenen Land und den langen, mit dem Karfreitagsabkommen begonnenen Prozess eines friedlichen Miteinanders mit den »Kernelementen der Partnerschaft, der Gleichheit und des gegenseitigen Respekts«. Im Blick auf den Nahostkonflikt schreibt er: »Wir hoffen und beten, dass inmitten der Wut, des Schmerzes und der Eskalation der Gewalt die Menschen, die sich auf allen Seiten des israelisch-palästinensischen Konflikts für diese Werte einsetzen, in den Vordergrund treten werden.«

In Wissen um die »Komplikationen einer langen Konfliktgeschichte« fordert Turtle auf »von weiterer Gewalt Abstand zu nehmen und gleichzeitig zum Dialog bereit zu «.

Ein schockierender Terrorakt

Rita Famos, Präsidentin der EKS, sagt gegenüber ref.ch, sie sei »zutiefst schockiert« vom Angriff. Famos spricht von einem »menschenverachtenden Akt des Terrorismus«.

Auch Bernd Becker, Moderator des Reformierten Bundes in Deutschland, äußert sich ähnlich. »Die Bilder und Nachrichten, die uns seit Tagen aus Israel erreichen, machen sprachlos«, schreibt er in einem Statement. Er kommt auch auf die Reaktionen im eigenen Land zu sprechen. Es sei schockierend, »dass die Grausamkeiten der Hamas auf deutschen Straßen bejubelt wurden«. Dass »jüdisches Leben und jüdische Einrichtungen auch hierzulande (..) bedroht sind«, sei erschreckend.

Empathie ohne »aber«

In einem Kommentar auf RefLab setzt sich Evelyne Baumberger vor allem mit der Berichterstattung und den Kommentaren zu den Ereignissen auseinander. Dort dominiere »in vermeintlicher Differenziertheit die Floskel ‹Ja, aber…›«, mit der die Empathie für die Opfer austariert wird mit Kritik am Staat Israel. Dagegen wendet sich Baumberger in ihrem Kommentar: »Was die Hamas mit ihrem Angriff anrichtete, darf nicht mit der Politik einer nationalistischen Regierung relativiert werden.«

Entsetzen und Anteilnahme angesichts von Gewalt auszudrücken, sei nicht gleichzusetzen damit, Partei zu ergreifen für eine politische Position oder Partei. »Die einzige Seite, die wir wählen müssen, ist die Seite von Zivilist*innen und Menschenrechten für alle«, zitiert sie zustimmend einen Instagram-Post der Politikexpertin Kristina Lunz.

Beten und spenden

Weitere methodistische Gremien und Führungspersonen haben seit der Veröffentlichung des Artikel ebenfalls zu dem Konflikt Stellung bezogen:

Bischof Thomas J. Bickerton, Vorsitzender des Bischofsrats der United Methodist Church, schreibt: »Wir verurteilen die Hamas-Kämpfer, die in Israel Zivilisten, Frauen und Kinder getötet und gefangen genommen haben. Wir verurteilen auch den Tod von unschuldigen Zivilisten, Frauen und Kindern, die bei den israelischen Vergeltungsmaßnahmen im Gazastreifen ins Kreuzfeuer geraten sind.«

Im Namen des Bischofsrats ruft Bischof Bickerton auf »für diejenigen zu beten, die verletzt, entführt oder getötet wurden« und für deren Angehörige. Außerdem fordert er Methodist*innen dazu auf, durch Spenden an das United Methodist Committee on Relief (UMCOR), das Hilfswerk der UMC, die Nothilfe für die Betroffenen zu unterstützen.

Petition an US-Kongress

Auch die Kommission »Kirche und Gesellschaft« der UMC hat auf die Angriffe reagiert. Die Kommission hat gemeinsam mit ökumenischen Partnergruppierungen eine Aufforderung an den US-Kongress formuliert, die darauf zielt, »Maßnahmen zur Deeskalation des Konflikts zu ergreifen, internationale Konventionen einzuhalten und uneingeschränkte humanitäre Hilfe zu unterstützen, die es Hilfsorganisationen ermöglicht, Lebensmittel, Wasser und medizinische Güter in die vom Krieg zerrüttete Region zu bringen.« US-amerikanische Methodist*innen sind eingeladen, die Petition online zu unterzeichnen.

Stellung beziehen und differenzieren

In einem bischöflichen Schreiben greift auch der für die »Michigan Conference« in den USA zuständige Bischof David Alan Bard die Ereignisse in Israel auf. Der Angriff der Hamas und die Ermordung und Verschleppung von Zivilist*innen sei moralisch nicht zu rechtfertigen und müsse verurteilt werden.

Der historische Hintergrund der Ereignisse sei komplex. »Wir dürfen diese Komplexität nicht zum Anlass für unsere moralische Empörung nehmen und müssen uns weiterhin mit den Realitäten auseinandersetzen, die den Frieden in Palästina/Israel so schwierig und schwer fassbar machen.«

Eine komplexe Geschichte des Leids

Teil dieser komplexen Geschichte seien die durch politische Verantwortliche in Israel gegenüber dem palästinensischen Volk verursachten Ungerechtigkeiten. Im Blick auf die Offensive der israelischen Armee fragt der Bischof: »Wird die israelische Antwort auf diesen Hamas-Angriff angemessen und verhältnismässig sein?«

Auch zurückliegende Angriffe gegen Israel aus benachbarten Ländern und terroristische Bombenanschläge seien Teil der komplexen Geschichte. Viele Familiengeschichte in Israel seien zudem durch die Erfahrungen des Holocaust geprägt.

Verurteilung des Gewalt

»Ich denke, wir müssen versuchen, eine unmissverständliche Verurteilung dieses jüngsten Angriffs, die Anerkennung der Komplexität dieser Region der Welt und den tiefen Wunsch nach Gerechtigkeit und friedlicher Koexistenz miteinander zu verbinden. Unsere Verurteilung der jüngsten Hamas-Aktionen mindert nicht unsere Sorge um Gerechtigkeit für das palästinensische Volk«.

Die Komplexität aushalten – auch im Gebet

Auch Bischof Bard ruft die Methodist*innen auf, für den Frieden zu beten. Ein solches Gebet wird indes auch die Betenden nicht unverändert lassen können: »Wenn wir in dieser unbeständigen, unsicheren, komplexen und zweideutigen Welt gemeinsam um Frieden beten, dann beten wir auch um ein Herz und einen Verstand, die groß genug sind, um sich mit all den komplexen Problemen auseinanderzusetzen, mit denen wir konfrontiert werden, wenn wir ‹dem nachjagen, was zum Frieden führt› (Römer 14,19).«

S.F., EmK Schweiz

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