Der Tod im Judentum

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Vortrag über jüdische Abschiedskultur in Oberösterreich

Nach jüdischem Verständnis ist der Tod wie die Nacht, die zwischen zwei Tagen liegt: dem Tag auf dieser Welt und dem Tag des ewigen Lebens.

Blicke auf den Tod
Veranstaltungsreihe St. Barbara Friedhof / Linz

Nach dem Tod

Die Bestattung von verstorbenen Jüdinnen und Juden sollte in der Regel innerhalb von 24 Stunden geschehen.

Sobald der Tod festgestellt worden ist, wird der Leichnam in Leintücher gewickelt und mit den Füßen Richtung Tür auf den Boden gelegt.
Hintergrund dieses Rituals ist die Vorstellung, dass der oder die Tote jetzt geht und die Seele nicht mehr in den Leib zurückkehren soll.

Das Begräbnis

Vor dem endgültigen Begräbnis werden die Toten im Waschhaus, genannt Taharahaus, gewaschen. Die Frauen werden von Frauen, die Männer von Männern gewaschen.

Nach Möglichkeit werden Jüdinnen und Juden nur in ein Leintuch gewickelt begraben. Wo das auf Grund von gesetzlichen Vorlagen (z.B. in Österreich oder Deutschland) nicht zulässig ist, werden die Toten in eine einfachst gehaltene Holzkiste gelegt und dann begraben.

Als Grabbeigabe erhalten die Männer ihren Gebetsschal, den Tallit, mit abgeschnittenen Fransen. 
Diese Fransen, die die Juden Zizit nennen, sind aufgewickelte und geknotete Schaufäden, die an alle Mizwot (die jüdischen Vorschriften) im täglichen Leben erinnern sollen. Der numerische Wert der Buchstaben des Wortes Zizit addiert sich auf 600. Da es sich bei den Zizit um acht Fäden und fünf Knoten handelt, ergibt das insgesamt 613. Das ist die Anzahl der einzuhaltenden Gesetze im Judentum.
Mit dem Gebetsschal, dem die Fransen abgeschnitten worden sind, wird also zum Ausdruck gebracht, dass der Tote diese Vorschriften nicht mehr einhalten muss.

Bei den Frauen ist keine Grabbeigabe vorgesehen.

Grundsätzlich wird jedes jüdische Begräbnis von der "heiligen Bruderschaft", der Chewra Kadischa, geleitet und organisiert.

Die Trauerwoche

Mit dem Begräbnistag (nicht dem Sterbetag) beginnt die Trauerwoche. Die Schiv'a (hebr. שבעה von שבע = „sieben“)

In dieser Zeit sollen die nächsten Angehörigen nicht arbeiten gehen, nicht das Haus verlassen, sich nicht schminken oder etwa tanzen gehen – sondern trauern.
Auch wird die Kleidung – oder ein Teil der Kleidung – eingeschnitten. 
Das soll an das Zerreißen der Kleidung im Fall von großer Trauer erinnern.
Ein eingeschnittenes Hemd, Bluse oder Schal soll dann die ganze Trauerwoche über getragen werden.

Der Friedhof

Friedhof heißt auf Hebräisch kever (קבר): Haus der Ewigkeit. 
Hier müssen alle eine Kopfbedeckung tragen.

Ein Grab darf niemals aufgelöst werden. Die Gräber sind einfach, ohne Bepflanzung und meistens mit einer Grabplatte ausgestattet.

Vielfach sieht man, dass Steine auf den Grabstein gelegt werden.

Hierfür gibt es mehrere Begründungen wie beispielsweise eine Erinnerung an die Zerstörung des Tempels oder die Beschwerung des Grabes zum Schutz vor wilden Tieren.

Eigenheiten

Keine Urnen
Grundsätzlich gilt, dass Jüdinnen und Juden ein unversehrtes Begräbnis erfahren sollen. Sobald eine Einäscherung, Kremation, erfolgt, wird das Begräbnis nicht mehr von der Chewra Kadischa durchgeführt.

Bei Unfällen / Terroranschlag
sollte man möglichst viele Leichenteile suchen, um sie wegen der Auferstehung begraben zu können.
Bei streng orthodoxen Juden gilt auch eine Tätowierung als "nicht mehr unversehrter Körper." 

Bei Mischehen
Nur Jüdinnen und Juden dürfen auf einem jüdischen Friedhof begraben werden.

Suizid 
Bei einem Suizid wird der Leichnam am Rand des Friedhofs begraben und somit sichtbar.
Hier gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Und nicht immer wird diese Vorgabe in der Praxis auch tatsächlich vollzogen.

Besonderheiten in Linz

Bis 1863 gab es keinen jüdischen Friedhof in Linz.
Verstorbene Jüdinnen und Juden wurden in Rosenberg begraben.

Durch die Bombardierung der Alliierten während des Zweiten Weltkriegs wurden in Linz 116 Gräber zerstört.
Diese Stellen werden frei gehalten, da man ja weiß wer dort begraben war.

Ein Kunst- und Erinnerungsprojekt soll diese Toten wieder sichtbar oder wahrnehmbar machen.

Dr.in Charlotte Hermann ist Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in Linz (seit 2013)

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